Zusammenfassung Klostermedizin

In der österreichischen Nationalbibliothek wird ein uraltes Dokument wie ein Schatz gehütet: Der „Wiener Dioskurides“, eine Pergamentsammlung, die neben anderen wissenschaftlichen Abhandlungen fast 400 Farbbilder von Arzneipflanzen enthält. Das rund 1500 Jahre alte Meisterwerk wurde zur wichtigsten Vorlage der Klosterheilkunde, das leider nicht mehr vollumfänglich erhalten ist. Viele Autoren gemeinsam verwandelten das Wissen des antiken Arztes Dioskurides in ein alphabetisches Lexikon.
Der „Codex Bambergensis medicinalis“ entstand bereits innerhalb einer etablierten Klosterkultur, und ist immerhin etwa 1100 Jahre alt. Die Benediktinermönche im Kloster Lorsch bei Worms trugen in dem Werk alle Rezepte zusammen, die sie für erachtenswert hielten. Das Kompendium der damaligen Klosterheilkunde ist auch unter der Bezeichnung „Lorscher Arzneibuch“ bekannt.
In der Sankt Gallener Stifts-Bibliothek lagert ein einzigartiges Dokument, das nicht nur von Heilkräutern handelt. Der „Sankt Gallener Klosterplan“ ist der Entwurf eines Klosters einschließlich der Grundrisse von Spital und Heilkräutergarten. Sogar die Pflanzenarten sind mit ihrem Standort genauestens verzeichnet. Der Architekt schuf das Pergament Anfang des 9. Jahrhundert im Kloster auf der Bodenseeinsel Reichenau. Am gleichen Ort und zur selben Zeit entstand das „Liber de cultura hortorum“, kurz „Hortulus“, genannt. In dem Gedichtband schildert Wahlafrid von der Reichenau die gleichen Pflanzensorten, die im Sankt Gallener Klosterplan vorgesehen sind.
Hildegard von Bingen verfasste ein Kompendium der naturwissenschaftlichen Kenntnisse ihrer Zeit. Teil ihres Lebenswerkes ist die Abhandlung „Causae et Curae“ („Ursachen und Heilungen“). Darin legte sie die Vier-Säfte-Lehre dar und schuf damit ein Standardwerk zur Humoralpathologie des Hochmittelalters. Für die Klostermedizin nicht weniger bedeutend ist Hildegards „Physica“. In dem Buch sammelte sie Beschreibungen von über 200 Heilpflanzen und Rezepten.
Die stetig wachsenden Kenntnisse der Klostermedizin bezeugen die jüngeren Werke. Das „Liber pandectarum medicinae“ des Arztes Matthaeus Silvaticus aus dem 14. Jahrhundert führt neue Pflanzenarten als Heilmittel ein. In der „Leipziger Drogenkunde“ aus dem 15. Jahrhundert werden immerhin schon fast 340 Heilkräuter genannt.